Wie Sie sich einem Gerichtsvollzieher gegenüber verhalten sollten, was er in Ihrer Wohnung darf und was nicht und was eine Vermögensauskunft bedeutet.
1. Aufgaben des Gerichtsvollziehers
Auch wenn Sie Schulden haben und ein Gläubiger sogar einen Titel (zum Beispiel einen Vollstreckungsbescheid oder ein Gerichtsurteil) hat, nachdem Sie etwas zahlen müssen, so können nur staatliche Organe eine Vollstreckung durchführen.
Für die Pfändung von Forderungen des Schuldners (zum Beispiel Arbeitseinkommen oder Konten) ist dies das Vollstreckungsgericht. Bei der Pfändung von beweglichen Sachen und für die Abnahme der Vermögensauskunft (früher "eidesstattliche Versicherung" oder "Offenbarungseid" genannt) ist der Gerichtsvollzieher (GV) zuständig.
Steht der Gerichtsvollzieher vor der Tür oder hat er seinen Besuch schriftlich angekündigt, so haben viele Menschen Angst. Doch Panik oder ignorieren hilft nicht. Die Erfahrung zeigt: Die Gerichtsvollzieher als staatliches Organ halten sich nahezu immer an vorgegebene Regeln. Ist dies ausnahmsweise nicht der Fall oder führt das rechtmäßige Verhalten des Gerichtsvollziehers zu einem ungerechten Ergebnis, so können Sie sich an das Vollstreckungsgericht wenden.
Verwechseln Sie den Gerichtsvollzieher nicht mit Mitarbeitern von Inkassobüros, die in Einzelfällen auch Hausbesuche unternehmen. Lassen Sie sich nicht täuschen! Diese haben keinerlei Befugnisse, Sie zu etwas zu zwingen und haben nicht mehr Rechte als jede Privatperson.
2. Vollstreckungsbeamte der Finanzbehörden
Öffentliche Gläubiger (zum Beispiel das Finanzamt, Stadtkassen oder Sozialbehörden, aber auch der Beitragsservice ARD, ZDF, Deutschlandradio (früher GEZ) oder gesetzliche Krankenkassen) vollstrecken durch eigene Vollstreckungsbeamte. Häufig sind dies Mitarbeiter des Hauptzollamtes. Diese weisen sich entsprechend aus und halten sich an dieselben Regeln wie die Gerichtsvollzieher.
3. Grundlegende Hilfe suchen
Unabhängig vom Umgang mit dem Gerichtsvollzieher liegt einem Pfändungsversuch in den meisten Fällen ein ernsthaftes und dauerhaftes Finanzproblem zugrunde. Das geht leider vielen Menschen so. Doch meist schafft man den Weg aus den Schulden nicht alleine. Suchen Sie professionelle Hilfe. Dies sind die Schuldnerberatungsstellen teils auch mit Insolvenzberatung. Auch hier gibt es schwarze Schafe, die an Ihrem Problem noch verdienen wollen. Fragen Sie Ihre Verbraucherzentrale nach einer seriösen Beratungsstelle.
4. Zutritt zur Wohnung
In aller Regel kündigt der Gerichtsvollzieher seinen Besuch schriftlich an. Unabhängig hiervon müssen Sie einen Gerichtsvollzieher, der vor der Tür steht, (jedenfalls beim ersten Mal) nicht herein lassen. Haben Sie ihn herein gelassen, so können Sie ihn jederzeit bitten, wieder zu gehen. Grundsätzlich müssen Sie nicht einmal mit dem Gerichtsvollzieher reden, aber das ist wenig sinnvoll.
Verweigern Sie dem Gerichtsvollzieher den Zutritt, haben Sie einen Besuch verpasst oder kündigt er einen Besuch für einen Zeitpunkt an, zu dem Sie nicht in der Wohnung sein können, werden Sie aktiv. Nehmen Sie Kontakt auf, vereinbaren Sie einen Termin und halten Sie diesen auch ein. Andernfalls kann der Gerichtsvollzieher mit einem richterlichen Beschluss den Zugang zu Ihrer Wohnung erzwingen. Notfalls kann er die Wohnung auch durch einen Schlüsseldienst öffnen lassen. Das verursacht jedoch Kosten, die Sie letztendlich tragen müssen.
5. Unpfändbare Gegenstände
Sie müssen keine Angst haben, dass der Gerichtsvollzieher Ihnen wegen einer Forderung die Wohnung leer räumt. Gegenstände des persönlichen Gebrauchs oder Haushaltsgegenstände, die im Rahmen einer bescheidenen Haushaltsführung benötigt werden, sind unpfändbar. Hierzu gehören Möbel, Kleidung und Lebensmittel, aber auch Elektrogeräte wie Herd, Kühlschrank, Fernseher oder ein Smartphone. Grundsätzlich geschützt sind hierbei Gegenstände, die vom Schuldner oder einer anderen Person im gemeinsamen Haushalt in diesem Rahmen benötigt werden – egal ob der Schuldner in einer Bedarfs-, Ehe-, oder Wohngemeinschaft lebt.
Geschützt sind zudem Sachen, die für eine berufliche Tätigkeit oder zu Ausbildungszwecken benötigt werden. Auch ein Auto kann deshalb unpfändbar sein, wenn Sie oder jemand aus Ihrem Haushalt sonst nicht zur Arbeit kommen können. Unpfändbar sind ferner Dinge, die vom Schuldner oder einer Person in seinem Haushalt aus gesundheitlichen Gründen benötigt werden. Das Auto ist insoweit auch unpfändbar, wenn Sie oder ein Familienangehöriger wegen einer Gehbehinderung oder einer anderen Gesundheitseinschränkung darauf angewiesen sind.
Werden dennoch Gegenstände gepfändet, die einem Dritten gehören, kann dieser beim Vollstreckungsgericht eine Drittwiderspruchsklage einlegen, um seine Gegenstände zurück zu erhalten.
Bargeld ist nur eingeschränkt vor Pfändungen geschützt. Schuldnern wird grundsätzlich nur so viel belassen, um gerade so über den Monat zu kommen. Im Zweifel ist Geld auf einem Pfändungsschutzkonto inzwischen besser vor dem Zugriff von Gläubigern geschützt. Daher sollte nicht das gesamte monatliche Haushaltsgeld abgehoben und in bar aufbewahrt werden. Wichtig ist, bei der Pfändung sofort zu reagieren und das Konto in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln. Die Beratungsstellen der Verbraucherzentrale geben hierzu Rat und Hilfe.
Luxusgeräte bleiben grundsätzlich pfändbar. Ist ein Gegenstand ausnahmsweise von besonders hohem Wert, kann eine so genannte Austauschpfändung erfolgen. Dabei wird dieser Gegenstand durch einen einfachen ersetzt.
Letztlich wird der Gerichtsvollzieher im Rahmen der Sachpfändung aber nichts pfänden, bei dem der zu erwartende Erlös geringer ist, als die entstehenden Kosten oder wenn bei Verwertung nur offensichtlich ein Wert erzielt würde, der in keinem Verhältnis zum Anschaffungswert steht.
Vor Pfändungen geschützt sind darüber hinaus Haustiere. Haustiere sind Tiere, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, hält. Geschützt sind die für Haustiere benötigten Futtermittel und sonstige Bedarfsmittel, wie etwa Streu. Normale Haustiere, wie Hunde und Katzen, sind damit praktisch unpfändbar.
6. Beiseiteschaffen von Sachen oder Entfernung eines Pfandsiegels
Jetzt könnte man vielleicht auf den Gedanken kommen, Dinge vor dem Besuch des Gerichtsvollzieher beiseite zu schaffen (in den Keller, zu Freunden oder Nachbarn) oder fremdes Eigentum (zum Beispiel von Verwandten) "vorzutäuschen". Davon raten die Verbraucherzentralen aber dringend ab. Sie machen sich dadurch strafbar! Sie haben dann nicht nur Ärger mit Ihrem Gläubiger, sondern gegebenenfalls auch mit der Staatsanwaltschaft. Bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe drohen. Außerdem gefährden Sie eine mögliche Entschuldung zum Beispiel durch ein Insolvenzverfahren.
Der Gerichtsvollzieher pfändet Gegenstände, indem er diese mitnimmt (kleine oder besonders wertvolle Sachen) oder indem er ein Pfandsiegel ("Kuckuck") anbringt. Das Ablösen oder Unkenntlichmachen dieses Siegels ist ein eigener Straftatbestand und kann ebenfalls mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden.
7. Verwertung von Gegenständen
Vor einer Verwertung werden gepfändete Gegenstände geschätzt. Dies kann aber nicht verhindern, dass diese unter ihrem Wert weggehen. Soweit der Gläubiger dies nicht ausgeschlossen hat, kann der Gerichtsvollzieher Ihnen einen Aufschub vor der Verwertung geben, wenn die Forderung innerhalb eines Jahres gezahlt wird. Sie können zwar auch gegen den Willen des Gläubigers einen Aufschub bei Gericht beantragen, aber dieser ist schwerer zu bekommen. Dazu müssen Sie glaubhaft machen, dass Sie die gesamte Forderung zeitnah zahlen und dem Gläubiger durch den Aufschub kein Nachteil erwächst.
In der Vergangenheit wurden die meisten gepfändeten Gegenstände im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung verwertet. Seit einiger Zeit können die gepfändeten Sachen auch im Internet versteigert werden. Dies erfolgt auf den Internetseiten www.zoll-auktion.de und www.justiz-auktion.de.
8. Vermögensauskunft
Ein Gläubiger kann auch nur die Abgabe einer Vermögensauskunft beantragen. Wird die Forderung nicht innerhalb der vom Gerichtsvollzieher gesetzten Zahlungsfrist von 2 Wochen vollständig bezahlt, wird ein Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft bestimmt. Können Sie bei dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft glaubhaft machen, dass Sie die Schuld innerhalb von 12 Monaten zahlen, so kann der Gerichtsvollzieher die entsprechenden Raten entgegennehmen und zunächst von der Vermögensauskunft absehen, wenn der Gläubiger hiermit einverstanden ist. Sprechen Sie jedoch vorher mit Ihrer Schuldnerberatung, ob dies wirklich machbar und sinnvoll ist. Versprechen ins Blaue hinein, die Sie dann nicht einhalten können, schaden mehr, als sie nützen.
Wird die Vermögensauskunft nicht rechtzeitig abgegeben, kann der Gerichtsvollzieher Informationen einholen. Soweit erforderlich und zulässig kann sich dieser etwa bei der Rentenversicherung, der Erhebung der Fahrzeug- und Halterdaten beim Kraftfahrt-Bundesamt und beim Bundeszentralamt für Steuern erkundigen.
8.1. Inhalt einer Vermögensauskunft
In einer Vermögensauskunft müssen Sie umfassend und wahrheitsgemäß über Ihre Einkommens- und Vermögenssituation Auskunft geben. Dazu beinhaltet das entsprechende Formular eine Vielzahl von Fragen zum Einkommen, Unterhaltsansprüchen, Arbeitgeber, Bargeld, Konten, Kapitallebensversicherungen, Aktien und vielem mehr. Oft lässt Ihnen der GV vorab ein Formular zukommen oder Sie können ihn danach fragen.