Schönheitswahn und Einheitspreise im Obst- und Gemüseregal

Pressemitteilung vom
Bundesweiter Marktcheck / Verbraucherzentralen fordern vielfältigeres Angebot und gewichtsbasierte Preise
zwei Eisbergsalate im Vergleich
Off
  • Auch zwei Jahre nach dem letzten Marktcheck ist bei Äpfel und Möhren immer noch hauptsächlich Klasse I im Angebot.
  • Gemüse und Obst mit kleinen Schönheitsfehlern kommt also selten in den Handel.
  • Ein Verkauf nach Gewicht ermöglicht bedarfsgerechtes Einkaufen – leider nicht im Supermarkt

Im Obst- und Gemüseregal finden sich kaum Artikel, die nicht dem Schönheitsideal der Klasse I entsprechen. Und: die Produkte sind in der Regel nur zum einheitlichen Stückpreis erhältlich. Das ergab die Wiederholung eines bundesweiten Marktchecks der Verbraucherzentralen. Sie fordern den Handel auf, seiner Verantwortung gegen Lebensmittelverschwendung nachzukommen: Verbraucher:innen sollten die Wahl zwischen Klasse I und Klasse II haben und nach Gewicht bezahlen können.

Kaum „krumme Geschäfte“

Da Naturprodukte wie Äpfel oder Möhren nicht nach einheitlichem Schema wachsen, ergeben sich optische Unterschiede, beispielsweise im Durchmesser oder in der Form. Anbieter können ihre Ware deshalb nach Klassen sortieren. Supermärkte achten stark auf Größe, Form und Ästhetik von Obst und Gemüse und stellen an ihr Sortiment oft höhere Anforderungen als gesetzlich vorgegeben. Sie bieten vor allem Produkte der ersten Klasse an. Das zeigte ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen. Von den in einer Stichprobe angebotenen Äpfeln gehörten rund drei Viertel zu Klasse I und nur ein Viertel zu Klasse II. Das gleiche Bild ergab sich bei Möhren. Im Vergleich zur Vorerhebung aus dem Jahr 2021 hat sich das Bild kaum verändert. Nur einzelne Produkte wurden gefunden, auf denen ausdrücklich auf ihre Klasse II hingewiesen wurde, zum Beispiel mit dem Aufdruck "Krumme Dinger / Krumm in der Form. Makellos im Geschmack" oder "Möhren – die etwas Anderen“.

„Wir fordern den Handel auf, auf eigene Anforderungen an Größe, Einheitlichkeit und Aussehen zu verzichten und deutlich mehr landwirtschaftliche Erzeugnisse mit Schönheitsfehlern abzunehmen und zu verkaufen. Das wäre ein enormer Schritt gegen die Verschwendung von Lebensmitteln und würde für mehr Auswahl beim Einkauf sorgen“, sagt Simone Goetz vom Team Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern (VZ MV).

Unterschiede von bis zu 720 Gramm zum Einheitspreis

Wer im Supermarkt die Wahl zwischen unterschiedlich großen Exemplaren hat, kann genau nach Bedarf einkaufen und Lebensmittelverluste im Haushalt vermeiden. Vorteilhaft und im Alltag umsetzbar ist der Einkauf kleinerer Produkte für Verbraucher:innen jedoch meist nur dann, wenn auch der Preis der Größe entspricht. Stückpreise dagegen verleiten schnell dazu, möglichst das größte Produkt zu wählen.

Der Marktcheck 2023 zeigte erneut: Waren Kohlrabi und Eisbergsalat im Angebot, wurden sie ausschließlich zum einheitlichen Stückpreis verkauft. „Dabei zeigten sich teils enorme Größenabweichungen. In mehr als der Hälfte aller untersuchten Märkte waren Unterschiede beim Kohlrabi deutlich sichtbar und messbar – mit Gewichtsspannen von bis zu 720 Gramm in derselben Gemüsekiste“, so die Expertin. Auch bei den Eisbergsalaten erfassten die Verbraucherzentralen Gewichtsunterschiede von bis zu 600 Gramm.

„Im Interesse von Verbraucher:innen sollten Anbieter Obst und Gemüse grundsätzlich nach Gewicht und nicht nach Stück verkaufen“, fordert Simone Goetz.

Hintergrund des Marktchecks

In einer bundesweiten Stichprobe haben die Verbraucherzentralen nach einer ersten Erhebung 2021 erneut die Obst- und Gemüseabteilungen von 25 Märkten des Lebensmitteleinzelhandels untersucht. Darunter befanden sich zwölf Supermärkte, elf Discounter und zwei Bio-Supermärkte. In den jeweiligen Obst- und Gemüseabteilungen erfassten die Verbraucherzentralen, wie groß der Anteil von Klasse II bei Äpfeln und Möhren im Sortiment war und ob Anbieter den Preis am Beispiel von Eisbergsalat und Kohlrabi nach individuellem Gewicht oder nach Stück berechneten. Bei sichtbar großen Unterschieden im Gewicht wurden stichprobenhaft Minimal- und Maximalgewichte erfasst.

Weitere Informationen zum aktuellen Marktcheck und zur Vorerhebung sind hier zusammengefasst.

Für weitere Informationen
Simone Goetz | Fachbereich Lebensmittel und Ernährung

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