Das Wichtigste in Kürze:
- Vitamin B12 ist in ausreichender Menge nur in tierischen Lebensmitteln enthalten und muss daher unbedingt ergänzt werden.
- Weiteres Sorgenkind ist die Jod-Versorgung, daher jodiertes Kochsalz verwenden.
- Mit einer gut geplanten Lebensmittelauswahl lässt sich der Bedarf an weiteren kritischen Nährstoffen wie Eisen, Calcium oder Omega-3-Fettsäuren decken.
- Kombinationsprodukte, die Vitamine, Mineralstoffe und andere Zutaten nach dem "Gießkannenprinzip" enthalten, sind unnötig.
- In Kapseln oder Lutschtabletten können Gelatine oder Milchzucker enthalten sein - achten Sie auf die Zutatenliste oder fragen Sie den Hersteller.
Was versteht man unter "veganer Ernährung"?
Während Vegetarier:innen Produkte vom lebenden Tier wie Milchprodukte, Eier oder Honig verzehren, meiden Veganer:innen diese. Sie essen ausschließlich pflanzliche Kost. Auch Zusatzstoffe und Aromen, Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente sollten nicht tierischen Ursprungs sein. Manche Veganer:innen verzichten darüber hinaus auf von Tieren stammende Materialien für Kleidung und Gebrauchsgegenstände wie zum Beispiel Wolle und Leder.
Für weitere Informationen lesen Sie unseren Artikel "Vegetarisch, vegan oder flexitarisch – was steckt dahinter?"
Wie ist eine vegane Ernährung zu bewerten?
Prinzipiell erhöht jede starke Einschränkung der Lebensmittelauswahl das Risiko, mit bestimmten Nährstoffen nicht optimal versorgt zu sein. Langfristig kann es sogar zu einem Mangel kommen. Denn die unterschiedlichen Lebensmittelgruppen versorgen den Körper mit jeweils verschiedenen Nährstoffen. Veganer:innen brauchen deshalb ein gutes Ernährungswissen.
Pluspunkte: Bei einer günstigen Lebensmittelauswahl mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen und Samen sind Veganer:innen gut mit Kalium, Magnesium, Folsäure, Vitamin B1, Vitamin B6, Vitamin C und E sowie mit alpha-Linolensäure (ALA), Ballaststoffen und gesundheitsfördernden Pflanzenstoffen versorgt.
Risiken: Im Vergleich zu einer herkömmlichen Ernährung nehmen Veganer:innen häufig weniger
- Eisen (bei Verzicht auf Fleisch, speziell bei Frauen vor der Menopause)
- Calcium/Kalzium (bei Verzicht auf Milch und Milchprodukte)
- Jod und Omega-3-Fettsäuren (Verzicht auf Fisch)
- Zink, Selen und B-Vitamine – vor allem Vitamin B12, aber auch Vitamin B2 – auf.
Auch der Eiweißanteil kann bei veganer Ernährung zu niedrig sein, wenn nicht ausreichend Eiweißlieferanten wie Hülsenfrüchte und Nüsse verwendet werden.
Eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigte, dass die B12-Versorgung bei Veganer:innen durch den Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln gut ist. Ein echtes Sorgenkind dagegen ist die Jod-Versorgung. Die ist schon bei Menschen, die Mischkost essen, verbesserungswürdig, bei vegan lebenden Personen verstärkt sich das noch.
Ähnliches gilt mit Blick auf die Knochengesundheit. Diese scheint bei vegan lebenden Menschen geringer zu sein. Darauf deutet, so aktuell das BfR, die Kombination aus zwölf Biomarkern hin, die bei veganer Ernährungsweise meist in geringeren Konzentrationen vorliegen. Zwar sind hierzu noch weitere Studien nötig, trotzdem sollten Sie hier ein Augenmerk drauf haben.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist der Ansicht, dass eine vegane Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im gesamten Kindes- und Jugendalter nicht geeignet ist, um den Nährstoffbedarf ausreichend zu decken. Ähnlich kritisch sieht das die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ). Wer sich oder seine Kinder in diesen besonderen Situationen trotzdem vegan ernähren möchte, sollte sich besonders gut informieren und eventuell Ernährungsberater:innen um Rat fragen. Die betreuenden Fachärzt:innen (Kinderarzt, Gynäkolog:in) sollten unbedingt von der veganen Ernährungsform wissen.
Nach einer aktuellen Empfehlung des Netzwerks Gesund ins Leben benötigen Schwangere, die vegan essen, unbedingt eine passende Nahrungsergänzung.
Weitere Informationen zu einer veganen Ernährung finden Sie in unseren Texten "Vegetarisch und vegan – einfach so?" und "Vegan essen und trinken - so gelingt es rein pflanzlich".
Spezielle Nahrungsergänzung für Veganer:innen?
Spezielle Nahrungsergänzungsmittel für Veganer:innen sollen die Nährstoffe liefern, die bei veganer Ernährungsweise zu kurz kommen können. Nicht immer sind die Produkte sinnvoll zusammengesetzt:
- Manche Produkte enthalten ein willkürliches Sammelsurium an Vitaminen, Mineral- und Pflanzenstoffen.
- Manche Nährstoffe sind unnötig, wie Vitamin C oder Folsäure, von denen Veganer:innen meist größere Mengen über Lebensmittel aufnehmen, oder sie sind in viel zu hoher Dosierung enthalten.
- Für Substanzen wie Borretschöl oder Olivenblätter ist ein besonderer Nutzen nicht belegt.
Was ist tatsächlich sinnvoll?
Vitamin B12 ist nur in tierischen Lebensmitteln enthalten und muss bei veganer Ernährung über Nahrungsergänzungsmittel (am besten sogenannte Monoprodukte, die nur Vitamin B12 enthalten) oder angereicherte Lebensmittel (z.B. Frühstückscerealien) ergänzt werden; bei nachgewiesenem Mangel kann der Arzt auch eine Injektion verabreichen.
Vorsicht: Vitamin B12 aus pflanzlichen Quellen wie Sauerkraut, Algen (zum Beispiel Spirulina), Hefe, Sanddorn oder anderen pflanzlichen Lebensmitteln ist nicht vitaminwirksam! Diese Lebensmittel enthalten meist Vitamin-B12-ähnliche Substanzen (sogenannte Analoga), die die Körperrezeptoren für echtes Vitamin B12 blockieren.
Ein besonderes Augenmerk sollten Sie auf Ihre Jod-Versorgung legen. Da hilft die Verwendung von Jodsalz im Haushalt schon weiter. Eine weitere Möglichkeit sind Meeresalgenprodukte wie Nori, wobei hier auf mögliche Überdosierungen geachtet werden muss. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, Ihrer Ärztin, inwieweit bei Ihnen eine zusätzliche Ergänzung sinnvoll ist.
Besonders bei veganer Ernährung kann eine Unterversorgung mit Selen und ggf. auch mit Zink vorkommen.
Unter Umständen ist auch eine Supplementierung mit Vitamin D angeraten, sollte aber vorher ärztlich abgeklärt werden.
Worauf sollte ich bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln für vegane Ernährung achten?
- 4 Mikrogramm Vitamin B12 pro Tag reichen in der Regel für Erwachsene aus, um den Bedarf zu decken. Schwangere benötigen 4,5 µg, Stillende 5,5 µg.
- Einige Nahrungsergänzungsmittel für Veganer:innen enthalten mehr als die hundertfache Menge. Die Einnahme so hoher Vitamin B12-Dosen ist nicht sinnvoll. Unter physiologischen Bedingungen werden pro Mahlzeit maximal 2 µg Vitamin B12 (gebunden an Intrinsic-Factor) aufgenommen. Bei einer hohen Zufuhr durch Supplemente werden über eine passive Aufnahme 1-2 % der zugeführten Menge zusätzlich absorbiert.Vorteile für gesunde Personen ergeben sich dadurch nicht. Im Gegenteil: Neuere Studienergebnisse zeigen, dass Tagesdosen von > 55 µg möglicherweise mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert sind.
- Bei einem ärztlich festgestellten Vitamin-B12-Mangel bekommen Sie entsprechende Arzneimittel oder Injektionen zur Therapie. Diese Kosten übernimmt die Krankenkasse.
- Wenn Sie eine Jod-Ergänzung nehmen möchten: Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt, dass Nahrungsergänzungsmittel nicht mehr als 100 µg bzw. 150 µg für schwangere und stillende Frauen pro Tag enthalten sollten.
- Bei Selen sollte eine Tagesmenge von 45 µg in Nahrungsergänzungsmitteln nicht überschritten werden.
- Achten Sie auf die Prozentangaben für die Tagesdosis des NEM. Für die einzelnen Nährstoffe sollten sie nicht über 100 Prozent liegen. Nicht selten übersteigen die Nährstoffkonzentrationen die empfohlenen Zufuhrmengen bei weitem.
- Viele Nahrungsergänzungen für Veganer:innen sind Kombinationsprodukte mit einer Mischung aus Vitamin B12 und anderen Vitaminen und Mineralstoffen, die nach dem "Gießkannenprinzip" eingesetzt werden. Sowohl Nutzen als auch Risiken der Kombinationsprodukte sind hier unklar. Hinterfragen Sie Zutaten kritisch, die nicht zu den problematischen Nährstoffen für Veganer:innen (s.o.) gehören.

Was kann ich noch tun?
Grundsätzlich ist für Veganer:innen eine jährliche Kontrolle der Blutwerte für kritische Nährstoffe, besonders Vitamin B12, sinnvoll. Der Jodstatus lässt sich über die Ausscheidung im Urin messen.
Wenn Sie sich vegan ernähren, können Sie sich mit Hilfe einer gut geplanten Lebensmittelauswahl mit folgenden kritischen Nährstoffen ausreichend versorgen:
Kritischer Nährstoff | enthalten in tierischen Lebensmitteln | vegane Alternative |
---|---|---|
Calcium | Milch, Milchprodukten | Gemüse (z.B. Brokkoli, Grünkohl, Rucola), Nüsse (z.B. Haselnüsse und Paranüsse), Hülsenfrüchte, Fleischersatz aus Soja, Tofu, Mineralwasser (calciumreich, d.h. mehr als 150 mg/L), mit Calcium angereicherte Lebensmittel |
Omega-3-Fettsäuren | fetter Meeresfisch | Naturbelassene Öle wie Raps-, Lein- oder Walnussöl, mit Mikroalgenölen angereicherte Lebensmittel |
Vitamin B2 | Milch, Milchprodukte | Ölsaaten (z.B. Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Sesam, Kürbiskerne), Nüsse, Hülsenfrüchte, verschiedene Gemüsearten (z.B. Brokkoli, Grünkohl), Vollkorngetreide |
Eisen | Fleisch, Fleischwaren | Ölsaaten, Nüsse, Hülsenfrüchte, verschiedene Gemüsearten (z. B. Brokkoli, Schwarzwurzeln), Vollkorngetreide; Vitamin-C-reiche Säfte oder andere Lebensmittel verbessern die Eisenaufnahme im Körper |
Jod | Meeresfisch | mit Jod angereichertes Salz, Meeresalgen mit moderatem Jodgehalt wie Nori |
Vitamin D | fettreiche tierische Lebensmittel wie Hering, Lachs oder Makrele sowie Eigelb, Leber |
Über Lebensmittel wie Pilze, Margarine und angereicherten Orangensaft werden nur geringe Mengen aufgenommen. Neu am Markt ist Brot mit Vitamin D-Hefe sowie UV-bestrahlte Pilze, die deutlich mehr Vitamin D enthalten. Vitamin D wird vor allem im Körper durch Sonnenbestrahlung der Haut gebildet. |
Zink | Fleisch (Rindfleisch, Geflügel, Schweinefleisch), Innereien, einige Fische, Schalentiere, Hartkäse und Eier |
Ölsamen und Nüsse (besonders Cashew- und Pekannüsse). Beispielrechnung für eine gute Zinkzufuhr über pflanzliche Lebensmittel siehe Infos der DGE (Tabelle 1, Beispiel 3). |
Selen | Fleisch, Fisch (Hering, Makrele), Eier, Hartkäse | Paranüsse (6 Stück), Linsen, Kohl- und Zwiebelgemüse, siehe Infos der DGE |
Weiterführende Informationen:
Vegetarisch oder vegan essen: Fleisch, nein danke
Vegan essen und trinken – so gelingt es rein pflanzlich
Vitamin B12-Ergänzung für Blutbildung, Nervenfunktion und Immunsystem?
Jodversorgung ist in Deutschland wieder rückläufig
Vegane Ernährung – Eine Frage der Werte. BfR2go, Ausgabe 2/2020
Quellen
Richter M, Boeing H, Grünewald-Funk D, et al. (2016). Vegane Ernährung: Position der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). Ernahrungs Umschau 63(4): 92-102.
Ausgewählte Fragen und Antworten zur Position der DGE zu veganer Ernährung, Stand: September 2020
DGE: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 2. Auflage, 4. aktualisierte Ausgabe 2018, Schätzwerte für eine angemessene B12-Zufuhr
Pabel B (2015). Vitaminpillen für Veganer. UGB-Forum 32(2): 100-101.
Hahn A, Ströhle A, Wolters M (2016): Ernährung. Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. Kap. 20: Alternative Ernährungsformen, S. 651ff. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart
Kompetenzzentrum Ernährung (KErn) (2016) Vegane Ernährung. Stand: 1. Auflage, April 2016, (eingesehen am 02.03.2021)
Öko-Test Spezial: Zuviel des Guten: 9 Nahrungsergänzungsmittel im Test. Stand: 9/2016
Rudloff S et al. (2018): Vegetarische Kostformen im Kindes- und Jugendalter. Stellungnahme der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ). Monatsschrift Kinderheilkunde, online veröffentlicht am 06.08.18
Vitamin B12: Erhöhtes Krebsrisiko durch Supplemente? Prof. Dr. rer. nat. Martin Smollich, veröffentlicht auf Ernährungsmedizin Blog am 11.02.19, abgerufen 02.03.2021
Brito A., Habeych E., Silva-Zolezzi I. et al. (2020) Methods to assess vitamin B12 bioavailability and technologiesto enhance its absorption. Nutrition Reviews Vol. 76(10):778–792.
Weikert C et al. (BfR) (2020): Versorgungsstatus mit Vitamin und Mineralstoffen bei veganer Ernährung. Dtsch Ärztebl 117 (35/36): 575-582
Netzwerk Gesund ins Leben (2020): Vegan und schwanger: Ohne Nahrungsergänzungsmittel geht es nicht. Stand: 11.11.2020
Menzel J et al. (BfR) (2021): Vegan Diet and Bone Health—Results from the Cross-Sectional RBVD Study. Nutrients 13(2), 685
Führt eine vegane Ernährungsweise zu einer geringeren Knochengesundheit? BfR-Pressemeldung 09/2021 vom 01.03.2021